William The Conqueror: Excuse Me While I Vanish

William The Conqueror credit WetheDee

Eine Band namens William The Conqueror – das klingt zunächst seltsam. Erobern die drei Briten nun endlich die Herzen vieler Folkrock-Fans? Verdient wäre es.

von Werner Herpell

Kürzlich im äußersten Süden Englands. Auf den Spuren der britischen Geschichte gelangt man irgendwann in einen Ort namens Battle, der genau danach benannt ist – nach einer gigantischen historischen Schlacht, die dort vor fast tausend Jahren die heimischen Angelsachsen und die von Nordfrankreich einfallenden Normannen blutig aufeinandertreffen ließ: „The Battle of Hastings“ von 1066. Zumindest jeder britische Schüler kennt dieses Datum sowie das Schicksal des naiven Königs Harold und seines listigen Herausforderers William The Conqueror .

Ein unverhoffes Folkrock-Highlight

William The Conqueror Excuse Me While I Vanish Cover Chrysalis Records

Warum ich das hier erzähle? Weil just am Tag eines Battle/Hastings-Besuchs ein neues Album von William The Conqueror auf

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digitalem Wege in meiner Mailbox eintraf. Merkwürdiger Zufall – aber das nun irgendwie perfekt platzierte PR-Angebot für eine weitgehend unbekannte Band ließ sich natürlich nicht mehr ausschlagen. Also schnell reingehört – der prompte Lohn war eine unerwartete musikalische Entdeckung. Mehr als das: „Excuse Me While I Vanish“ gehört sogar zu den Highlights des aktuellen britischen Indie-Folkrocks.

William The Conqueror, die Band, die schon mit dem Debüt „Proud Disturber Of The Peace“ bei S&B positiv auffiel, – das sind Ruarri Joseph, ein im schottischen Edinburgh geborener Singer-Songwriter und Gitarrist, Naomi Holmes am Bass und Harry Harding am Schlagzeug. Schon der Vorgänger „Maverick Thinker“ aus dem Jahr 2021 war bei Kritikern ein beachtlicher Erfolg – aber wie heißt es so nüchtern wie ernüchternd bei Wikipedia über den Band-Boss: „The response to Ruarri’s albums critically has been positive, and they have met with modest commercial success.“

Dass diese zugängliche und anspruchsvolle Rockmusik dringend ein breiteres Publikum verdient hat, dürfte nach der Veröffentlichung des neuen Albums klar sein. „Excuse Me While I Vanish“ enthält neun Songs, die mal eine raue, mal eine zarte Seite des Conqueror-Trios präsentieren.

Gitarren ohne Muckertum

„A Minute’s Peace“ etwa ist eine schöne, leicht psychedelische Ballade, die aber schon wegen der dunkel-herben Stimme von Ruarri Joseph nie in Kitsch-Nähe gerät. Der Opener „The Puppet And The Puppeteer“ hingegen schiebt kernige, bratzige Gitarren in den Vordergrund und zeigt Ruarri Joseph als spannenden Storyteller. So geht es munter hin und her zwischen Folk, Rock, Blues und Songwriter-Pop. Und immer wieder hört man feinste Sechssaiter-Soli, die aber zum Glück nie ins Mucker- oder Mackerhafte abstürzen.

Ein in jeder Hinsicht geschmackssicheres Folkrock-Album also, das beinahe gar nicht zustande gekommen wäre. Nach dem Corona-Lockdown im UK „fand sich Joseph zu Hause in Cornwall wieder und grübelte über eine ungewisse kreative Zukunft nach, während er zusah, wie seine Frau Mandy, eine tapfere Sozialarbeiterin im Bereich der psychischen Gesundheit, sich mit den allzu realen Dilemmata des pandemiegetriebenen Hier und Jetzt auseinandersetzte“, erzählt sein Label Chrysalis.

William The Conqueror mit Befreiungsschlag

Und weiter: „Ihr Beispiel motivierte Joseph dazu, als Aushilfsbetreuer tätig zu werden, eine Erfahrung, die ihm einen neuen Fokus gab und das Songwriting auf dem neuen Album beeinflusste.“ Offenkundig eine Win-win-Situation. Das vierte Album von William The Conqueror klingt mit seinen starken Melodien und dem stets spürbaren Mitgefühl in den Texten wie ein Befreiungsschlag. Mit dem prachtvollen Closer „In Your Arms“ verabschiedet sich die Band mit dem zunächst seltsamen Namen hoffentlich in eine auch kommerziell bessere Zukunft. 

Das Album „Excuse Me While I Vanish“ von William The Conqueror erscheint am 28.07.2023 bei Chrysalis Records / Cargo Records (Beitragsbild von WetheDee)

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